„Worte sind Magie“ – das ist einer der Schlagsätze, die ich den Teilnehmern in meinen Seminaren immer wieder sage. Zwar besteht der Eindruck, den Du auf jemanden machst zu 80 % nicht aus dem, was Du sagst (sondern wie Du wirkst) – dennoch können Deine Worte Eindruck machen, Interesse oder Gefühle wecken – oder eben nicht.
Sprache hat mich schon immer fasziniert – sie ist entstanden, als es nicht mehr ausreichte, auf etwas zu zeigen und dazu Grunzlaute von sich zu geben.
Sprache – Worte… sie dienen dazu Erfahrungen und Gefühle zu beschreiben. Wir haben uns irgendwann darauf geeinigt, dass man eine Fläche, an die man sich hinsetzen kann „Tisch“ nennt. Nur hat wohl jeder Mensch eine leicht andere „Erfahrung“, die er mit den Lauten „Ti-sch“ verbindet: Meine Erfahrung ist aktuell etwa 3 Meter lang und 1 Meter breit und aus hellem Naturholz. Deine Erfahrung ist möglicherweise etwas kürzer oder schmaler oder sogar rund und vielleicht aus Stahl und Glas oder MDF oder so… Mit anderen Worten: Wir alle haben zwar Übereinstimmungen in unserer Erfahrungen wenn jemand diese Laute „Ti-sch“ macht, aber auch Abweichungen. Selbst bei etwas so „eindeutigem“.
Besonders interessant aber wird es, wenn wir Erfahrungen beschreiben, die keine Sachen sind – etwas abstraktes also. Denn hier wissen wir zwar, was wir meinen, nicht aber, welche Erfahrungen der andere hat und welche Assoziationen und Gefühle dieses Wort für ihn infolge dessen bedeutet.
Nehmen wir zum Beispiel das wunderschöne (und am häufigsten missbrauchte) Wort „Liebe“: Für mich ist es assoziiert mit Wärme, Zuneigung, Geborgenheit, Entspannung, Anziehung, Loslassen, Fallenlassen und Freiheit. Gerade bei den letzten Begriffen gibt es wohl so manchen, der diese Assoziationen vielleicht nicht hat. Was wir fühlen, wenn wir ein Wort hören und interpretieren, hängt nämlich damit zusammen, wie wir geprägt wurden: Was wir bereits erlebt haben und mit diesem Wort verbinden.
Gerade bei „Liebe“ werden wir aus allen möglichen Richtungen geprägt:
- Viele von uns haben Eltern, die sich „im Namen der Liebe“ aufopfern (also Dinge tun, die sie eigentlich gar nicht unbedingt wollen, aber meinen machen zu müssen, wenn sie „lieben“), die aufgrund von Liebe auch Forderungen an sich und uns und andere stellen, die von der Liebe enttäuscht wurden und so weiter.
- Durch das „Loben“ bei guten Leistungen glauben wir allen Ernstes, dass wir uns Liebe verdienen müssen oder können.
- Die Werbung suggeriert uns – gerade um diese Jahreszeit – dass wir „aus Liebe“ jetzt in die Einkaufszentren strömen sollen und unser Geld ausgeben sollen, um unsere „Lieben“ mit ganz besonders exquisiten Geschenken zum „Fest der Liebe“ bedenken sollen.
- Wir hören Musik, in der es – oft von unglücklich Verliebten – darum geht, dass z.B. Liebe weh täte oder dass Liebe etwas sei, das stets unerfüllt bliebe und so weiter.
- Und wir sehen Filme, die uns suggerieren, dass „Boy meets Girl“ immer erst nach zahlreichen „Verstrickungen“ in einem Happy End und Liebe endet. (Mit anderen Worten: Trifft man jemanden, mit dem alles okay ist und der uns einfach so von sich aus toll findet und sich zu uns hingezogen fühlt, muss da doch irgendwas faul sein, oder?)
Es gibt also mehr als reichlich „Material“ dass uns dazu bringen kann, das Wort Liebe auch zu assoziieren mit Aufopferung, Freiheitsverlust, Zwang, Abhängigkeit, Schmerzen, Angst, Verlust, Komplikationen und so weiter und so fort. Das arme Wort…
Du sagst: „Ich liebe Dich“ und meinst: „Ich fühle mich zu Dir hingezogen und fühle mich frei und geborgen bei Dir. Ich möchte Dir diese Freiheit und Geborgenheit ebenfalls geben. Ich wünsche Dir, dass es Dir so gut geht, wie es nur irgend möglich ist.“
Der andere hört: „Ich will, dass Du Dich zu mir bekennst. Ich will, dass Du mir auch sagst, dass Du mich liebst. Du sollst jetzt tun, was ich will. Ich bin abhängig von Dir. Du bist jetzt nicht mehr frei und ich bin es auch nicht. Ich werde Dir weh tun.“
Das kann tatsächlich passieren…
Das ist sozusagen das Risiko, dass wir immer eingehen, wenn wir mit Menschen nicht nur sprechen, sondern tatsächlich miteinander reden, etwas teilen und in Kontakt sind. Daher versuchen viele Menschen, genau das häufig zu vermeiden:
Aus Angst, dem Gegenüber zu nahe zu treten und „die falschen Gefühle auszulösen“, kommunizieren sie möglichst sachlich. Und das Ergebnis ist dann auch genau so: Sachlich. Doch wenn wir mit jemandem wirklich in „Kontakt“ sein möchten, dann müssen wir das „Risiko“ eingehen, mit unserer Sprache auch Gefühle auszulösen.
Wenn ich sage:
„Ich fahr gern in Urlaub.“ dann weckt der Begriff „in den Urlaub fahren“ vermutlich auch bei Dir bestimmte Assoziationen. Die haben damit zu tun, was „in den Urlaub fahren“ für Dich bedeutet. Ist das angenehm? Oder eher stressig? Buchst Du 14 Tage Korfu bei Neckermann oder schnürst Du Deinen Rucksack und wanderst durch die Alpen oder durchquerst einen Kontinent?
All das kann „in den Urlaub fahren“ bedeuten.
Wenn ich sage: „Ich reise gerne, weil ich dabei viel erlebe und gleichzeitig entspannen kann.“ dann kann es sein, dass Du mich auf einem Elefantenrücken durch Sri Lanka reiten siehst – vielleicht meine ich aber auch einfach einen Cappuccino in einem Straßencafé in Rom?
Denn die Worte „reisen“, „erleben“ und „entspannen“ sind ebenfalls für jeden von uns aufgeladen mit dem, was wir darunter verstehen. Abhängig von unserer Prägung, unseren Erfahrungen und unseren Wünschen.
Dennoch lohnt es sich, sich ab und zu zu wagen, Worte zu benutzten, die für DICH mit positiven Gefühlen verknüpft sind und Dinge so zu erzählen, dass Dein Gegenüber sich ein Bild davon machen kann. Auch auf die Gefahr hin, dass dieses Bild nicht dasselbe ist, wie Deins oder dass das Bild dem anderen vielleicht gar nicht so sehr zusagt.
Und letztlich geht es – gerade bei der Partnersuche, also in der Liebe – ja auch darum, jemanden zu finden, der mit bestimmten Worten ähnliche Gefühle verbindet, wie man selbst.
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Was sind für Dich Worte, die bei Dir gute Gefühle auslösen?
Wie oft verwendest Du sie?
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